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Wartberg - Liechtenegg (Lichteneck)


An der Stelle der heutigen Burgruine dürfte um 1290 lediglich ein Bauernhaus oder der bescheidene Sitz eines Kleinadeligen gestanden sein, welcher der landesfürstlichen Herrschaft Kindberg zinspflichtig war. 1346 wird als Besitzer Hans Liechtenecker erwähnt. Sein gleichnamiger Enkel erhielt 1395 von den steirischen Herzögen Wilhelm und Albrecht die Erlaubnis, seinen Hof in Stein auszubauen und zu befestigen. Der neue Wehrbau hatte den Zugang zum Scheibsgraben zu sichern, durch den der Weg ins Aflenzer Becken führte. Die Liechtenecker gehörten dem niederen Adel an. In den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts wird von der Enthauptung eines Liechteneckers in Wien berichtet. Man weiß jedoch nicht, ob diese aus politischen Gründen erfolgte, oder aber die Strafe für Überfälle auf durchreisende Kaufleute war. Mit Hans und dessen Bruder Ulrich starb die Familie 1425 aus. Die Herrschaft ging an den Verwandten Albrecht den Aflenzer über. Diesem folgte Ulrich Reisacher. Seine Söhne wurden 1443 von König Friedrich III mit Liechtenegg belehnt. Erbschaftsstreitigkeiten zwischen den Familienmitgliedern führten dazu, dass im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts die Herrschaft an die Familie Stadler verkauft wurde. 1529 verwüsteten die Türken die Umgebung und verschleppten etwa 800 Personen. Von einem Angriff oder einer Belagerung der Burg ist aber nichts bekannt. Bald danach erwarb der Gewerke Sebald Pögl die Burg und investierte größere Mitteln in die Verbesserung der Verteidigungskraft. Aufgefundene Ofenkacheln zeigen, dass der Wohnkomfort damals ebenfalls recht ordentlich war. Nach 1600 gelangte Liechtenegg an Leopold Freiherr von Herberstein. Mit etwa 200 Hektar Land und ungefähr 150 Untertanen hatte die Grundherrschaft ein durchschnittliches Ausmaß.

Leopold Christof Freiherr von Herberstein musste 1629 aus religiösen Gründen die Steiermark verlassen. Er verkaufte zuvor Liechtenegg an Anna Catherina Eggsin. Diese konnte oder wollte den Kaufpreis nicht erlegen, so dass er vom Verkäufer gerichtlich eingeklagt wurde. Die Tochter der neuen Besitzerin, Anna Catharina Freiin von Prankh, verkaufte die gut eingerichtete Burg 1677 an den Freiherrn Johann Ferdinand Zehentner von Zehentgrub, doch veräußerte dessen Witwe sie 1692 an Johann Rudolf Freiherr von Stadl. Als Maria Regina von Stubenberg Liechtenegg kaufte, wurde es bereits nur mehr von Verwaltern bewohnt. Die Herrschaft hatte ihren wenig wohnlichen Wohnsitz aufgegeben und war ins Tal gezogen. Hohe Schulden führten im 18. Jahrhundert zuerst zum Verkauf an Carl Josef Anton von Crollolanza und dann 1757 an Anton Graf Inzaghi. Dieser verlegte nun auch die Verwaltung der Herrschaft nach Oberkindberg, so dass Liechtenegg unbewohnt blieb und bald dem Verfall überlassen wurde. Als 1792 ein Stadtbrand Bruck an der Mur verwüstete, gestattete Karl Graf Inzaghi den betroffenen Bürgern, sich das nötige Material zum Wiederaufbau ihrer Häuser aus der Ruine zu besorgen. Allerdings machten nicht viele Leute davon Gebrauch, da die Transportkosten nach Bruck das Angebot unwirtschaftlich erscheinen ließen. 1855 wurde die Ruine durch ein schweres Erdbeben weiter zerstört. 1857 kam Liechtenegg an die Grafen Attems. Seit 1932 und verstärkt seit 1958 kümmert sich ein lokaler Burgverein um die Erhaltung der Bauten. Er ist mittlerweile auch Eigentümer der Anlage.

Die restaurierte und teilweise wiederaufgebaute Burgruine liegt auf einem gegen die Mürz vorspringenden Bergsporn oberhalb von Wartberg. Baudetails lassen erkennen, dass die Anlage in der Übergangszeit zwischen Gotik und Renaissance errichtet worden ist. Wichtigster Bauteil war das turmartige Wohnhaus, das eine Grundfläche von 11 x 16 Meter einnahm. Die Mauerstärke dieses dreigeschossigen Palas betrug mehr als einen Meter. Mit seiner Höhe von etwa 15 m übernahm er auch die Funktion eines Bergfrieds. Von einigen kleinen Fenstern im obersten Stock konnte der Halsgraben beschossen werden. Die Wehrmauer, die die Burg umgab, war fast zwei Meter stark. Sie war bis 1953 noch weitgehend erhalten, doch musste dann ein Teil wegen Einsturzgefahr abgetragen werden. An sie waren im engen Burghof verschiedene Wohn- und Wirtschaftsgebäude angebaut, von denen aber nur mehr Reste zu sehen sind. Diese entstanden wohl meist im 15. und 16. Jahrhundert. Einige Vierecktürme verstärkten die Wehrhaftigkeit der Mauer. Um Angreifer auf Distanz zu halten, war im Osten und Norden zwischen zwei halbrunden Türmen ein Zwinger vorgelagert. Im Südwesten lag eine Terrasse, die möglicherweise als „Wurz- und Kranzelgarten“ diente. Die gefährdetste Seite der Burg war jene im Nordwesten, wo eine Überhöhung durch das anschließende Bergland gegeben ist. Hier wurde ein breiter und tiefer Graben angelegt. Da sich hier auch der Zugang befand, wurde der Graben von einer Zugbrücke überspannt. Diese wurde später durch eine, auf zwei gemauerte Pfeilern ruhende Holzbrücke ersetzt. Die rechteckige Nische, in die die Zugbrücke aufgeklappt werden konnte, ist jedoch noch vorhanden. Das rundbogige Tor erhielt durch die eingezogene Brücke einen zusätzlichen Schutz. Der starke Torturm gab weitere Sicherheit.

Lage: Steiermark/Mürztal – ca. 6 km südwestlich von Krieglach

Besichtigung: während der Öffnungszeiten möglich. Diese sind am Gemeindeamt Wartberg zu erfragen.


Weitere Literatur:


30.09.2008