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Greifenstein


Bereits zur Karolingerzeit waren die Bischöfe von Passau Grundherren des umliegenden Gebietes. Ihr Besitz reichte im Nordosten bis zum „Hanginterstein“, womit wahrscheinlich Greifenstein gemeint war. Die Burg trägt ihren Namen übrigens nicht nach jenem sagenumwobenen Schwurstein im Hof, wie oft angenommen wird, sondern nach einem Herrn Griffo – vermutlich einen Ministerialen des Passauer Bistums – der Besitzer oder sogar Erbauer der Veste war. Der Zeitpunkt ihrer Errichtung liegt aber im Dunkeln. Man vermutet ihn im frühen 11. Jahrhundert. Es wird wohl nur ein bescheidener hölzerner Wehrbau gewesen sein. Möglicherweise stand aber auf diesem markanten Geländepunkt bereits zur Römerzeit ein Beobachtungsturm. Urkundlich wird Greifenstein 1135 erstmals erwähnt. Der damals genannte Dietrich von Greifenstein war wohl ein Dienstmann der Passauer Bischöfe. Die Herren von Greifenstein waren auch in Wien begütert. Der hier befindliche Greifensteiner Hof mit seiner 1214 geweihten Kapelle wurde erst 1844 weitgehend abgetragen und umgebaut. Die Greifensteiner sind bis 1358 urkundlich nachweisbar, doch wurde ihre Stammburg bereits 1146 an Otto Graf von Machland verliehen. In den nächsten hundert Jahren wurde sie mehrfach verpfändet und dazwischen von Passauer Ministerialen verwaltet. 1247 ließ Bischof Rüdiger von Passau die Anlage stark ausbauen. 1365 wurde die Burg aus unbekannten Gründen von den Bürgern Klosterneuburgs belagert. Der Burggraf musste sie schließlich dem Anführer der Angreifer, einem Herrn von Wehingen, übergeben. 1388 ließ das Passauer domkapitel den Vikar der Passauer Stadtpfarrkirche, Konrad Vetterl, festnehmen und in Greifenstein inhaftieren, wo er die Folterungen nicht überlebte. Greifenstein war ein wichtiges Glied im Verteidigungssystem an der Donau. Seine Kreidfeuerstation ermöglichte den Nachrichtenaustausch sowohl mit Kreuzenstein als auch mit dem Leopoldsberg.

Die strategisch günstige Lage konnte aber in der Praxis nur wenig genutzt werden, da Greifenstein bis in das 19. Jahrhundert hinein stets Passauer Besitz und nie landesfürstlich war. Durch die gegebene Überhöhung hatte es seit dem Aufkommen der Artillerie wenig Chancen, eine ersthafte Belagerung zu überstehen. 1461 wurde die Burg durch den Söldnerführer Gamareth Fronauer eingenommen und in Brand gesetzt. Zwei Jahre später war der Wiederaufbau beendet, doch wurde sie bereits 1477 von den Ungarn unter Matthias Corvinus besetzt. Beide Besetzungen werden aber von manchen Historikern bezweifelt. Sicher ist aber dass Greifenstein von 1485 bis 1490 zum ungarischen Machtbereich gehörte. Als es 1529 den Türken gelang, die praktisch unverteidigte Burg einzunehmen, wurde das wertvolle Archiv vernichtet. Sie wurde danach erneuert, hatte aber keine militärische Bedeutung mehr. Nachdem die Verwaltung der Herrschaft nach Zeiselmauer verlegt worden war, diente Greifenstein vorwiegend als Gefängnis. Hier wurden vor allem unbotmäßige Geistliche, bei denen es sich oft um protestantisch gewordene Priester gehandelt hat, inhaftiert. Aber auch politische Gefangene wurden hier unter Verschluss gehalten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erfolgten umfangreiche Arbeiten zum Ausbau der Wehreinrichtungen. Noch 1670 wurden neue Außenwerke geschaffen. 1683 wurde Greifenstein von den Türken nicht angegriffen. 1727 übersiedelte der Burgpfleger in das nahe St. Andrä. Die Burg war aber bis 1770 noch bewohnt, doch setzte bald danach der Verfall ein. 1787 wurde die Burgkapelle profaniert. Zehn Jahre später verwüsteten österreichische Freiwillige, die eigentlich gegen Napoleons Truppen kämpfen wollten, mangels Feindberührung das Innere der Burg, nachdem sie sich ordentlich Mut angetrunken hatten. Durch die Säkularisierung gelangte Greifenstein 1803 an den österreichischen Staat und wurde zur öffentlichen Versteigerung ausgeschrieben.

1807 erwarb Feldzeugmeister Fürst Johann I von und zu Liechtenstein im Zuge einer Versteigerung die Ruine. Er ließ sie bis 1818 teilweise wieder aufbauen und bewohnbar machen. Die Innenausstattung erfolgte im Stil der Neugotik. Fürst Alois II ließ Kunstwerke und Waffen aus anderen Liechtenstein-Schlössern wie Seebenstein nach Greifenstein bringen. Sein Sohn, Fürst Johann II, war an der Burg nicht sehr interessiert, so dass sich deren Bauzustand verschlechterte. Zu einer bereits dringend notwendigen Sanierung kam es erst 1900. Durch Sprengungen in einem nahe gelegenen Steinbruch traten bald wieder größere Schäden auf. Der Fürst scheute die vorauszusehenden hohen Kosten, transportierte die meisten der noch verbliebenen Kunstwerke ab und plante den Verkauf der Anlage. 1918 ging sie in bürgerlichen Privatbesitz über. Auf den Industriellen Hugo Kostenitz folgte 1931 Rittmeister Maximilian Mautner. Er war Bankier und Besitzer der Schlösser Tulbing, Plankenberg und Feistritz am Wechsel. Mautner ließ seine Besitzungen reich mit Antiquitäten ausstatten, die er im Kunsthandel oder bei Versteigerungen erworben hatte. 1931 gründete er einen Vorläufer des Österreichischen Burgenvereins. Auf Greifenstein ließ er einige bauliche Veränderungen vornehmen, die nicht immer den Wünschen des Bundesdenkmalamtes entsprachen. 1943 starb er im amerikanischen Exil. Da Mautner Greifenstein bereits 1933 seiner arischen zweiten Frau geschenkt hatte, wurde dieses von den nationalsozialistischen Behörden nicht konfisziert. Am Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt die Burg neuerlich schweren Schaden. 1960 ging Greifenstein durch Verkauf an den Gastronomen und Hotelier Dr. Johannes Hübner über. Anschließend wurde es umfassend restauriert. In der Burg wurden ein Restaurant sowie etliche Schauräume mit historischen, militärischen und kunstgewerblichen Exponaten eingerichtet. Seit einem Großbrand im Jahr 2006 ist diese für Besucher nicht mehr zugänglich. Ihre Restaurierung sowie die Wiedereröffnung des Burgrestaurants sind geplant, doch hat es derzeit eher den Anschein, als ob der Burg wieder eine Periode des Verfalls bevorstehen dürfte.

Die Burg steht auf einem Felsvorsprung eines zur Donau steil abfallenden Berghanges am nordöstlichen Rand des Wienerwaldes. Bevor man zur Hauptburg gelangt, passiert man die spärlichen Reste der einstigen Außenwerke sowie ehemaliger Wirtschaftsbauten. Über dem spätgotischen spitzbogigen Eingang zur Hochburg, dem einstigen zweiten Burgtor, erkennt man eine Pechnase, die nicht wie üblich vorgebaut ist, sondern in der Mauerstärke verläuft. Der Torbau der alten Burg wurde später überbaut und zur Vorhalle umgestaltet. Ihre Decke ist mit Stuckverzierungen aus der Renaissancezeit geschmückt. Bedingt durch den vorspringenden Burgfelsen ist der längliche hakenförmige Innenhof stark eingeengt. Hier befindet sich jener Stein, in welchen angeblich jeder Besucher beim Schwur, dass er in friedlicher Absicht unterwegs sei, seine Hand zu legen hatte (Greif in den Stein). Ältester Teil der Burg ist der 21 m hohe Bergfried. Er stammt noch aus dem Hochmittelalter. Sein Grundriss ist nahezu quadratisch (8,5 x 9 m). Da im Osten durch das Gelände eine Überhöhung gegeben ist, wurde der dreigeschossige Turm an diese am meisten gefährdete Stelle gebaut, wobei eine Kante gegen den Berghang gerichtet ist. In ihm waren Verließ, Kotter und Gerichtsstube untergebracht. An die zahlreichen auf Greifenstein verwahrten Gefangenen erinnert neben dem gut erhaltenen Verlies vor allem der aus dicken Balken gefertigte und mit zwei eisernen Türen versehene Kotter, der der Verschärfung der Aufenthaltsbedingungen diente. Eine schmale Steintreppe in den zwei Meter dicken Mauern verband die einzelnen Geschosse. Die Kanten des Bergfrieds sind mit Buckelquadern verstärkt. Der hölzerne Umgang, den man auf älteren Abbildungen noch sieht, ist ebenso wie der Zinnenkranz des Flachdaches eine Zutat der Romantik des frühen 19. Jahrhunderts. Seine Reste wurden bei einer späteren Restaurierung wieder entfernt. Zuletzt war im Bergfried eine interessante Waffensammlung untergebracht. Der Turm ist mit dem am anderen Ende der Anlage liegenden Palas durch eine 1,5 m starke Beringmauer verbunden. Die Mauern des Palas haben annähernd die gleiche Dicke. Sowohl der Bergfried als auch der Palas gehen im Kern noch auf die Romanik zurück. Sie wurden in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet. Im Palas befinden sich auch die bereits 1398 bezeugte, einst gotische aber im 19. Jahrhundert neugotisch umgebaute Kapelle sowie die Knappenstube und der darüber liegende sog. Rittersaal. Der Palastrakt wurde im Laufe seiner Geschichte mehrfach umgebaut. Vor der durch den Brand bedingten Schließung der Burg befanden sich hier das Restaurant sowie einige Schauräume. Der dem Gebäude um 1960 vorgebaute lange hölzerne Balkon war zwar für die Vergrößerung des Restaurants erforderlich, passt aber absolut nicht zu einer mittelalterlichen Burg. Die Sammlungen gehen auf die Erwerbungen des Fürsten Liechtenstein zurück, wurden aber in späterer Zeit immer wieder ergänzt. Der Stolz der Strafrechtssammlung ist eine „Eiserne Jungfrau“, die jedoch zweifelsfrei unecht ist.

Lage: Niederösterreich/Donau – ca. 8 km nordwestlich von Klosterneuburg

Besichtigung: derzeit nur von außen möglich

Sonstiges: Die Burg wird derzeit (April 2017) zum Kauf angeboten.

Homepage: www.burggreifenstein.at


Weitere Literatur:


22.09.2008