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Lunz - Amonhaus


Das sog. Amonhaus wurde 1551 vom Hammerherrn Martin Ofner im Renaissancestil errichtet. Auf ihn folgten 1588 Franz Kofler und ein Jahr später Ruprecht Christoph Moszer. Er ließ zwischen 1600 und 1610 die Fassade mit Sgraffiti schmücken und den Innenhof mit Arkaden umgeben. Die Witwe seines Enkels Tobias heiratete Paul Haiden. Dieser verkaufte den Ansitz 1671 an Paul Christoph Brunner, der nicht nur k. k. Kammergutsbeförderer war, sondern auch einen Zerrennhammer betrieb. Seine Witwe war mit Martin Josef von Reichenau verheiratet. Ihr Sohn Felix war Großzerrennhammergewerke und k. k. Waldmeister. Er konnte das Vermögen seines Vaters deutlich vergrößern. Als er 1760 starb, leitete seine Witwe Theresia über 20 Jahre lang den umfangreichen Betrieb. Johann Franz Amon war der Sohn eines Ratsherrn aus Waidhofen/Ybbs. Er war im Hammerwerk beschäftigt und heiratete die Tochter seiner Chefin. Unter seiner Leitung wurden die eisenverarbeitenden Betriebe in Lunz und Umgebung weiter ausgebaut. Nach ihm wurde später das Amonhaus benannt, dessen Einrichtung zum Großteil von ihm angeschafft wurde. Unter der Familie Amon entwickelte sich das Herrenhaus zu einem kulturellen Zentrum des oberen Ybbstales. Für zwei Besuche des Kaisers Franz II (I) in den Jahren 1810 und 1820 ließ Amon das sog. Kaiserzimmer ausstatten. Seine Verdienste um die Gemeinde Lunz erkennt man daran, dass diese sein Familienwappen – ein springendes Einhorn – als Marktwappen übernahm. 1859 standen in Lunz noch 5 Hammerwerke und ein Walzwerk in Betrieb, doch war ihr Schicksal durch die neuen Stahltechnologien und die aufkommende Großindustrie bald besiegelt. Nach dem Tod von Johann Franz Amons Sohn Engelbert wurde das Herrenhaus samt Inventar versteigert und gelangte 1879 in bäuerlichen Besitz. Das Gebäude wurde nun wenig gepflegt, doch konnte Heinrich Paris 1914 im ersten Stock drei Räume mieten, die er als Heimatmuseum einrichtete. Ihm ist auch die Freilegung der längst übertünchten Sgraffiti zu verdanken. 1960 übernahm die Marktgemeinde Lunz den Bau. Sie ließ ihn durchgreifend restaurieren und benützt ihn seither als Museum und Rathaus. Das Heimatmuseum wurde bis 1964 von der Schriftstellerin Elisabeth Kraus-Kassegg geleitet.

Das Amonhaus liegt im Südwestteil des Ortes. Es ist das schönste noch erhaltene Sgraffitihaus der Eisenwurzen. Das zweigeschossige Gebäude trägt ein hohes Steildach, das an der Schauseite des Gebäudes stark abgewalmt ist. Die Schleppgaupen stammen erst vom Ausbau der Jahre 1960/63. Die Eingangsfront ist vierachsig, wobei eine Achse durch das steingerahmte Rundbogenportal und das darüber befindliche rundbogige Zwillingsfenster hervorgehoben ist. Bemerkenswert sind die Renaissance-Sgraffitimalereien an drei Hauswänden. Es sind dies prachtvolle Fensterumrahmungen, eine gemalte Eckquaderung sowie zwei waagrechte Zierbänder, die die Geschosse von einander abgrenzen. Zwischen dem Tor und dem darüber liegenden Doppelfenster sind zwei gepanzerte Reiter in einer Rhomben-Umrahmung dargestellt. Die etwas eigenartige Gestaltung der Delphinmotive lässt darauf schließen, dass die italienischen Künstler eher aus Oberitalien als aus den Küstenprovinzen kamen. Sie haben sich zwischen zwei Fenstern der Ostfront selbst porträtiert. Alle Fenster sind mit qualitätvollen Schmiedeeisengittern versehen. Die Gebäudeflügel umgeben einen stimmungsvollen kleinen Arkadenhof. Die weitgespannten Korbbögen des Erdgeschosses ruhen auf Pfeilern, während die doppelt so vielen Rundbögen des Obergeschosses von schlanken Steinsäulchen gestützt werden. Die Arkadengänge weisen Kreuzgratgewölbe auf. Die meisten Innenräume sind ebenfalls gewölbt. Im Erdgeschoß befindet sich eine mehr als 400 Jahre alte Rauchküche. Im Haus haben sich einige Steingewände-Portale erhalten. Der heutige Sitzungssaal diente einst als gediegener Wohnraum. Er ist mit einer alten Balkendecke aus Eichenholz ausgestattet. Sie ist mit 1606 bezeichnet. Im Saal steht ein prächtiger Kachelofen mit Löwenfüßen und Tugendreliefs aus dem 17. Jahrhundert. Ein weiterer Kachelofen (erstes Viertel des 19. Jh.) befindet sich im sog. Kaiserzimmer, das eine Putzfelddecke aufweist. Zwei gemalte Supraporten erinnern an den Aufenthalt von Kaiser Franz. Die originale Einrichtung wurde um 1875 restlos versteigert. Der im Westen angebaute Stalltrakt musste um 1960 wegen Baufälligkeit abgetragen und anschließend neu aufgebaut werden.

Lage: Niederösterreich/Eisenwurzen – ca. 25 km südwestlich von Scheibbs

Besichtigung: Juni bis September Di – So 10.00 – 12.00/Oktober bis Mai Mi 10.00 – 12.00


Weitere Literatur:


09.09.2008