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Graz - Palais Thinnfeld


Zwei Vorgängerbauten befanden sich 1689 in bürgerlichem Besitz. In ihnen hatte sich der Gasthof „Goldener Stern“ etabliert. Der Gewerke und Eisenhändler Johann Adam Thien ließ nach 1701 die beiden Nebenflügeln des späteren Palais zur Mur hin errichten. Diese eingeschossigen Bauten wurden 1740 aufgestockt und zum Teil erneuert. Johann Adams Sohn, Balthasar Thien von Thinnfeld, ließ 1741/42 nach Plänen des Wiener Architekten Anton Erhard Martinelli den Haupttrakt des Palais erbauen. Der Altbau wurde im März 1741 abgerissen, im Juli 1742 war der Neubau bereits vollendet. Als ausführender Baumeister war Georg Stengg tätig. Die Ausstattung des Inneren dauerte noch bis 1745. Die reichen Stuckarbeiten stammen von Pietro Angelo Formentini und den mit ihm verschwägerten Giovanni Maria Bistoli und Sebastian Schretbacher. 1820 befand sich das Palais im Eigentum von Meister Purgleitner, der auf der anderen Straßenseite eine Lederfabrik betrieb. Auf den 1838 genannten Augenarzt Dr. Johann Evangelist Stieger folgten weitere bürgerliche Besitzer. Durch den Anbau des sog. Eisernen Hauses gegen 1848/50 gingen mehrere Fensterachsen der Südfront verloren. Nach 1910 erwarb die Firma Brüder Lechner den Bau. Sie verband ihn 1955 mit dem Nebenhaus Südtiroler Platz 2 und baute ihn in ein Warenhaus um. Die umfangreichen Adaptierungen des 20. Jahrhunderts haben vor allem das Erdgeschoß völlig verändert. Die großen Auslagenscheiben verunstalten nach wie vor die barocke Fassade. Nach der Schließung des Warenhauses wurde das Gebäude von der Stadt Graz (Kunsthaus Graz GmbH) übernommen und 2007 revitalisiert bzw. modernisiert. Seit kurzem haben hier das Haus der Architektur, das Landesmuseum Joanneum und der Grazer Kunstverein ihre Büros und Ausstellungsflächen.

Das Palais Thinnfeld ist ein kleines spätbarockes Stadtpalais an der Ecke Mariahilfer Straße/Südtiroler Platz. Der zweigeschossige Bau weist ein abgewalmtes Mansardendach mit ausgebautem Dachgeschoß auf. Aus der Dachzone springen sieben Dachhäuschen vor. Sie tragen profilierte Dreiecksgiebeln. Das Erdgeschoß ist genutet, doch konnte hier lediglich das Hauptportal sein ursprüngliches Aussehen bewahren. Es wird von schmalen toskanischen Pfeilern flankiert. Diese sind im oberen Bereich mit Voluten verziert. Auf dem geraden Gebälk über dem flachen Korbbogen stehen zwei steinerne Vasen. Das schmiedeeiserne Oberlichtgitter zeigt Rankenmotive. Ein interessantes Baudetail ist der mit einem schmiedeeisernen Helm versehene Prellstein an der Südwestecke des Gebäudes. Im Hauptgeschoß hat sich die spätbarocke Putzgliederung aus der Bauzeit erhalten. Die hohen Fenster zeigen verschiedenartig geformte Verdachungen. Die ehemalige Einfahrt diente im 20. Jahrhundert als Verkaufsraum. Sie ist an ihrem Platzlgewölbe erkenntlich. Die anschließenden Räume sind kreuzgewölbt. Eine mehrläufige Treppe führt in das Obergeschoß. Dieses bestand aus zwei Vorzimmern und fünf Wohnräumen. Vier Zimmer sind mit bemerkenswerten Stuckdecken ausgestattet. Besonders reich ist der Große Ecksaal geschmückt. Seine Decke zeigt die Reliefdarstellung einer Stadt. Ob es sich um Graz handelt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. In fast allen Räumen der Beletage haben sich die originalen Tür- und Fensterumrahmungen sowie die geschnitzten Supraporten erhalten. Sie stammen vom Bildhauer Johann Michael Weindl. Der weißglasierte Prunkofen in einer marmorverkleideten Nische des Großen Ecksaales wurde von Emeran Grueber nach Entwürfen von Anton Martinelli geschaffen und von Angelo Calegari vergoldet. Seine Schauseite zeigt mythologische Reliefs von Johann Matthias Leitner (1741). An die ehemalige Hauskapelle erinnert nur mehr eine Nische an der Nordseite des Großen Ecksaales.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Mariahilfer Straße 2

Besichtigung: teilweise möglich


Weitere Literatur:


22.08.2008