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Innsbruck - Altes Regierungsgebäude


Der Baukomplex des Alten Regierungsgebäudes ist aus fünf Gebäuden entstanden, von denen vier noch bestehen. Das fünfte wurde 1888 abgetragen. Die gegen den Inn gerichteten Gebäudeteile wurden direkt an die Stadtmauer angebaut. Teilweise wurde sie sogar überbaut. Die Mauern sind bis zu 1,7 m stark, was darauf hindeutet, dass hier einstige Wehranlagen standen. Ältester Bauteil ist das Eckhaus Herzog Friedrich Straße/Herzog Otto Ufer. Es war dies ein ursprünglich würfelförmiger Bau mit einem unregelmäßig viereckigen Grundriss. Dieses „Zerrenmantelhaus“ dürfte landesfürstlicher Besitz gewesen sein, da es 1401 nach dem Tod eines Herrn Zerrenmantel an Herzog Leopold IV zurückfiel. Durch einen Grundstückstausch gelangte es von Herzog Siegmund dem Münzreichen 1446 an Wilhelm von Starkenberg. Auf Grund ihrer politischen Umtriebe wurden Ulrich und Wilhelm von Starkenberg durch Herzog Siegmund enteignet. Er überließ es 1452 dem Ritter Bernhard Gradner, einen Schwiegersohn Ulrichs von Starkenberg. Er tauschte es im nächsten Jahr mit Jakob Tänzl. Seit damals wird das Zerrenmantelhaus auch Tänzlhaus genannt. 1511 kaufte es Paul von Liechtenstein, der im zweiten Obergeschoß eine Kapelle einbauen ließ. 1569 erwarb Erzherzog Ferdinand II das Gebäude und brachte dort die Kanzleien der Regierung, die für Verwaltung, Gericht und Politik zuständig waren, unter. Zuvor wurde es von Hans Lucchese für diesen neuen Verwendungszweck adaptiert. 1580 wurde dem Tiroler Kanzler Leoman Schiller eine Wohnung darin angewiesen.

1621 wurde diese „oberösterreichische Regimentsbehausung“ um das östliche Nachbarhaus erweitert. Dieses hatte sich von 1453 bis 1524 im Besitz des Brixner Domkapitels befunden und war dann an Christoph Philipp von Liechtenstein gelangt. Zu den folgenden Besitzern zählten Ritter Blasi Khuen von Belasy (1562), Anton Puchhaimb (1578) und Christoph Lustrier von Liebenstain. Die Tiroler Landesfürstin Erzherzogin Claudia von Medici ließ 1645 den nach ihr benannten Saal im zweiten Obergeschoß des Hintertraktes mit einer Renaissance-Holzkassettendecke und einem intarsierten Portal ausstatten. Durch das schwere Erdbeben von 1689 wurde das Regierungsgebäude so baufällig, dass eine grundlegende Sanierung erforderlich war. Johann Martin Gumpp führte den Umbau im Barockstil aus. Er vereinheitlichte die Fassade und erneuerte die Treppe im Zerrenmantelhaus.1732 wurde die Hauptmauer an der Innenseite erneuert. Zwischen 1802 und 1817 befand sich das Landgericht Sonnenburg im Regierungsgebäude. Der Claudiasaal wurde als Verhandlungssaal des Schwurgerichtes benutzt. 1888 wurde der östliche Hoftrakt abgetragen. Zu einem weiteren Umbau kam es in den Jahren 1906 bis 1908, der große Schäden an der historischen Bausubstanz anrichtete. Die größeren Räume wurden durch Zwischenwände unterteilt, der Chor der Kapelle wurde abgetragen. 1962/67 bemühte man sich diese Eingriffe soweit wie möglich wieder zu beseitigen. Das Palais ist bis heute Amtsgebäude geblieben.

Das Alte Regierungsgebäude besteht aus vier Trakten, die mit Grabendächer versehen sind. An seinen zwei freiliegenden Seiten sind die Fassaden einheitlich gestaltet. Die barocke Hauptfassade an der Herzog Friedrich Straße ist architektonisch reich gegliedert und mit plastischem Schmuck versehen. Die lange Seitenfront am Inn ist sehr schlicht gehalten. Sie konnte aber ihren mittelalterlichen Charakter weitgehend bewahren. Kern der Anlage ist das Zerrenmantelhaus, das an die Ottoburg anschließende Eckhaus. Es hat einen nahezu quadratischen Grundriss und ist mit einem Walmdach versehen. Im Norden schließt ein kleinerer Anbau an, der schon auf Dürers Stadtansicht von 1495 zu erkennen ist. In ihm befindet sich die Kapelle. Von dieser führt ein schmaler Verbindungstrakt zum nördlichsten Bau des Regierungsgebäudes, der an das Volksbad in der Badgasse angrenzt. Seine Hauptfront ist zum Inn gerichtet. Jener Trakt, der das östliche Gebäude mit dem nördlichen verband, wurde 1888 abgetragen. Im Südwesten verbindet ein kurzer trapezförmiger Anbau das Haupthaus mit der Ottoburg. Die vierzehnachsige barocke Hauptfront besteht aus dem Erdgeschoß und drei Obergeschossen. Das Erdgeschoß ist straßenseitig mit durchgehenden Lauben versehen. Ihre Korbbögen ruhen auf schweren Pfeilern. Sowohl das Erdgeschoß als auch das erste Obergeschoß sind rustiziert. Der reiche barocke Fassadenschmuck beschränkt sich auf die beiden obersten Stockwerke. Hier sind die Fenster mit profilierten Brüstungsgesimsen ausgestattet und tragen üppige Aufsätze. Diese bestehen im zweiten Obergeschoß aus ovalen gebauchten Schilden, die von Voluten und krautigen Akanthusranken umgeben sind. Im dritten Obergeschoß erkennt man über den Fenstern Porträtköpfe habsburgischer Fürsten und Fürstinnen. Als Vorbilder dienten die berühmten „eisernen Mander“ der Hofkirche. Sie sind mit Blatt- und Fruchtkränzen behängt. Unter der Dachtraufe zieht sich ein Fries entlang, der ebenfalls aus Frucht- und Blattgehängen besteht und der durch verschiedene Fratzen gegliedert wird. Aus jeder zweiten Maske sprang, wie man auf einem Stich aus dem 18. Jahrhundert erkennen kann, das lange Rohr eines Wasserspeiers vor. Die Hauptfront wird durch einen Mittelbalkon belebt, dessen schmiedeeisernes Korbgitter angenehm auffällt. In den Lauben des Erdgeschosses befinden sich zwei korbbogige Portale, die mit einer gebänderten Nagelfluhrahmung versehen sind und von Pilastern mit ionischen Kapitellen flankiert werden. Letztere tragen ein mächtiges profiliertes Gebälk. Das linke Portal führt in die Eingangshalle, das rechte in den Innenhof. Neben dem linken Portal führt ein gotisches Segmentbogenportal in ein Geschäft. Hier haben sich noch die originalen Eisenläden erhalten. Die viergeschossige Front an der Innseite ist mehrfach geknickt. Sie weist 21 Fensterachsen auf. Davon entfallen acht auf das Zerrenmantelhaus.

Trotz des barocken Umbaues der Außenfassade blieben die gotischen Innenräume weitgehend erhalten. Die Eingangshalle ist zweischiffig. Das linke Schiff ist dreijochig, das rechte durch die Treppe um ein Joch verkürzt. Das Kreuzgewölbe wird von toskanischen Nagelfluhsäulen gestützt. Die Halle wurde 1964 von späteren Einbauten befreit. Im Westen schließt eine weitere zweischiffige, kreuzgewölbte Halle an. Ihr Gewölbe ruht auf drei gedrungenen Rundpfeilern sowie auf fünfseitigen Wandpfeilern. Die übrigen Erdgeschoßräume sind entweder kreuz- oder tonnengewölbt und weisen Stichkappen auf. Im ersten Obergeschoß entspricht ein straßenseitiges Vestibül der darunter liegenden Erdgeschoßhalle. Allerdings sind die Nagelfluhsäulen hier reicher gestaltet als im Erdgeschoß. Die gotische Hauskapelle im zweiten Obergeschoß ist vom Flur des Haupthauses aus zugänglich. Sie weist ein zartes Sternrippengewölbe mit floralen Malereien in den Zwickeln auf. Diese wurden erst 1956 freigelegt. Die Schlusssteine sind als Wappenschilde ausgebildet, doch sind diese leer. An den Wänden sind kleine Apostelmedaillons mit Inschriften aus dem Glaubensbekenntnis zu sehen. Die beiden rechteckigen Portale vom Anfang des 16. Jahrhunderts weisen gekehlte Steinumrahmungen auf. Die Kapelle wurde wohl von Niclas und Gregor Türing zwischen 1511 und 1517 erbaut und ausgestattet. Ebenfalls im zweiten Stock befindet sich ein tonnengewölbter Raum mit einer schweren gebänderten Eisentüre, die einen komplizierten Verschlussmechanismus aufweist. Das Zimmer stammt vom Beginn des 16. Jahrhunderts und war als Archivraum in Verwendung. Im Erdgeschoß des Nordtraktes liegt eine dreijochige, zweischiffige, kreuzgewölbte Halle aus der Zeit um 1520. Ihr Gewölbe ruht auf zwei rotmarmornen Mittelpfeilern. Darüber liegt im zweiten Obergeschoß der 1645 ausgestattete Claudiasaal. Er öffnet sich zum Hof und zum Inn mit je vier Fenstern. Im Zentrum seiner schweren Kirschholz-Kassettendecke erkennt man die Wappen von Österreich und Tirol sowie jenes der Medici. Das Mittelfeld ist in den Farben rot, grün, silber und gold gehalten. Die Decke ist mit Bonifacius Eck aus Mainz signiert. Bemerkenswert ist das große, von Holzsäulen flankierte Portal. Sogar sein Originalschloss ist noch erhalten. Links vom Portal steht ein rot-weißer Majolikaofen aus dem 17. Jahrhundert. Er ist mit Fruchtkränzen, Fratzen und figuralen Reliefs verziert. Allerdings gehört er nicht zur ursprünglichen Ausstattung sondern wurde erst anlässlich der Restaurierung des Saales aus dem Tiroler Volkskundemuseum erworben.

Ort/Adresse: 6010 Innsbruck, Herzog Friedrich Straße 3

Besichtigung: während der Bürozeiten weitgehend zugänglich


Weitere Literatur:


23.06.2008