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Innsbruck - Palais Sarnthein


Im 16. Jahrhundert befand sich an der Stelle des späteren Palais Sarnthein ein größeres Grundstück, das der Tiroler Fischmeister Hans Pfadt 1524 aus der Verlassenschaft des Hermann Dum erworben hatte. Er errichtete im Südteil des Areals ein Haus, das 1620 an den Kammerrat Leo Marquard Schiller von Herdern verkauft wurde. Dieser konnte zehn Jahre später auch den Nordteil des Grundstückes erwerben, auf dem mittlerweile ebenfalls ein Gebäude errichtet worden war. 1671 kaufte der Regimentsrat David Wagner d. J. die beiden wiedervereinigten Immobilien. Er wurde 1681 mit dem Prädikat „von Sarnthein“ in den Grafenstand erhoben. Um seinen neuen Stand zu dokumentieren, ließ er die bestehenden Bauten bis 1686 in ein repräsentatives Stadtpalais umgestalten. Der Baumeister ist nicht dokumentiert, doch wird aus stilistischen Gründen angenommen, dass es sich dabei um Martin Gumpp d. Ä. handelt, der damals zahlreiche Innsbrucker Adelspalais errichtete oder umbaute. Der Enkel des Bauherrn, Felix Graf Sarnthein, verkaufte 1804 das Palais an den Freiherrn Felix Longo zu Liebenstein. Auf diesen folgte 1829 Johann Ritter von Jenull als Besitzer. 1842 ging das Gebäude neuerlich an die Grafen Sarnthein, da es von Johann Ludwig Graf Sarnthein aus der älteren Linie der Familie erworben wurde. Er verkaufte es aber bereits zwei Jahre später an Alois Lutz, der hier das Gasthaus „Österreichischer Hof“ einrichtete. Es folgten mehrere bürgerliche Besitzer aus dem Gastgewerbe. 1869 wurde das Palais zum Mietshaus umgebaut, wodurch es seinen herrschaftlichen Charakter verlor. Es wurde um ein Geschoß aufgestockt und um vier Fensterachsen verlängert. Dadurch wurden die repräsentative Südfront sowie die gut gegliederte Gartenfront zerstört. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude durch Bomben schwer beschädigt. Der Neubau des Jahres 1953 beließ nur mehr die vier nördlichen Fensterachsen, folgte aber weitgehend der barocken Fassadengestaltung.

In seiner früheren Gestalt war das Palais Sarnthein einer der größten und schönsten Adelspaläste der Stadt. Es hatte bis 1869 drei Vollgeschosse sowie ein Attikageschoß. Darüber befand sich ein mit Gaupen ausgestattetes Walmdach. Schauseite war die siebenachsige Südfront. Sie war durch einen deutlich vorspringenden, dreiachsigen Mittelrisalit gegliedert. Über dem gesprengten Gesimse ragte ein Aussichtspavillon empor. An der Südfront befand sich auch das Hauptportal, über dem in den beiden Obergeschossen auf Konsolen ruhende Balkone vorsprangen. Die dreizehnachsige Gartenfront besaß einen sechsachsigen Mittelteil zwischen vorspringenden dreiachsigen Seitenrisaliten. Der Mittelteil wurde durch zwei große Säulen gegliedert, die im ersten Stock die drei Korbbogen einer Loggia trugen. Die vierzehnachsige Front an der Maria-Theresienstraße war wesentlicher einfacher gestaltet. Im Inneren gab es ein monumentales barockes Treppenhaus, das den gesamten Mittelrisalit der Südfront einnahm sowie eine ältere Treppe im Nordteil. Ein großer Saal erstreckte sich über die ganze Tiefe des Hauses. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die alte Fassadenordnung beibehalten. Die lange, rot gefärbelte Straßenfront hat praktisch keinen Sockel und wird nur durch den Rhythmus der weißen Fensterumrahmungen belebt. Allerdings wählte man an Stelle der alten querovalen Attikafenster nunmehr quadratische. Man verzichtete auch auf die Zierkugeln über den Erdgeschoß-Fenstern, die ohnehin durch den Einbau von Geschäftsportalen zerstört worden waren. Sehr schön sind jedoch die großen Fenster der beiden Hauptgeschosse mit ihren abwechselnden Dreieck- und Segmentgiebeln sowie mit ihren mit Tropfen behängten Sohlbänken. Bemerkenswert ist das von Rustikapfeilern gerahmte wuchtige Portal. Vom barocken Interieur haben sich nur zwei Stuckdecken in den straßenseitigen Räumen des zweiten Obergeschosses erhalten. Sie stammen aus der Zeit um 1685.

Ort/Adresse: 6010 Innsbruck, Maria Theresienstraße 57

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


11.04.2008