Rannersdorf gehörte im 12. Jahrhundert den Hochfreien von Hundstein-Anzenberg. Ein Regenhart von Anzenberg dürfte auch für den Ort namensbildend gewesen sein. Er scheint um 1110 mehrmals urkundlich auf. Den Name Rainhardtsdorf findet man 1140 erstmals im Traditionskodex des Stiftes Klosterneuburg. Um 1330 gelangte das Wiener St. Martinsspital in den Besitz des Freihofes, verkaufte ihn aber bald weiter. 1356 erwarb ihn der Predigerorden, der das Wiener Spital „Zum Heiligen Geist“ unterhielt. Ab 1434 werden die Herren von Ebersdorf als neue Grundherren in Rannersdorf erwähnt. 1469 belehnten sie Johann Galler mit dem Gut. 1583 verkauften sie mehrere Untertanen zu Rannersdorf an den Herrschaftsinhaber von Velm, den Ritter Wolfgang Lerch. Die Ebersdorfer dürften Rannersdorf bald aufgegeben haben, denn schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts wird berichtet, dass Georg von Gurtner das Gut erwarb. Als Verkäufer trat eine Freiin von Paar auf. Der Name Wallhof scheint 1615 erstmals auf. 1621 kaufte der Dominikanerorden aus Wien die Herrschaft. Die Dominikanermönche rissen den alten Freihof ab und errichteten ein neues Schloss. Wie weit dieses die Zweite Wiener Türkenbelagerung von 1683 überstanden hat, ist nicht bekannt. 1865 kam es zu umfangreichen Ausbauarbeiten im Stil des Historismus, die sich vor allem auf den Turm bezogen. Im Jahr 1900 trennte sich der Orden wieder von seinem Gut und veräußerte es an die Wiener Brauhaus GmbH, die in Rannersdorf eine Brauerei betrieb. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten wurde diese mit dem Wallhof bereits 1905 an die Gemeinde Wien verkauft. Doch auch das „Brauhaus der Stadt Wien“ musste 1959 seine Tätigkeit einstellen. Der Wallhof blieb bei der Gemeinde Wien, die ihn nach wie vor als landwirtschaftliche Betriebsstätte führt. Zwischen 1989 und 1996 wurden der Turm und die Fassaden des Hauptgebäudes saniert, doch befinden sich vor allem die Wirtschaftsgebäude nach wie vor in einem sehr schlechten Zustand.
Der Wallhof liegt im Zentrum von Rannersdorf an der Ostseite der Hauptstraße. Er ist ein vorwiegend zweigeschossiger Kastenbau, der mit einem hohen Satteldach gedeckt ist. Die Giebelseiten sind fensterlos. Die lange schmucklose Hauptfassade an der Straße ist 19-achsig. Am Keilstein über dem einfachen Tor erkennt man die Jahreszahl 1662, wohl das Jahr der Fertigstellung umfangreicher Bauarbeiten. Im riesigen Wirtschaftshof steht ein mächtiger viergeschossiger Wohnturm. Er ist in seinem Kern noch mittelalterlich, doch wurde er 1662 barock ausgebaut. Ihm wurden 1865 ein weiteres neugotisches Stockwerk mit gekuppelten Rundbogenfenstern sowie ein steiles Keildach mit vier Uhren aufgesetzt. Aus dem Dachfirst ragt ein schlanker Dachreiter mit einer polygonalen Laterne empor. Der ursprünglich frei stehende Turm wurde durch einen kurzen Verbindungsbau an das Hauptgebäude angeschlossen. Während dessen dreigeschossiger Nordteil als Schüttkasten diente, was man an den Lichtöffnungen erkennen kann, war der zweigeschossige Südteil als Wohnbereich ausgebaut. Seine Hoffront ist als kreuzgratgewölbte Rundbogenarkade ausgebildet. Auch die Rahmenstockfenster deuten auf einen Wohnbau hin. Der Oberteil des Verbindungstraktes zum Turm beherbergt die ehemalige Kapelle. Im Inneren des Gebäudes haben sich im Erdgeschoß die Kreuzgratgewölbe erhalten. Die Räume des Obergeschosses weisen vorwiegend Flachdecken mit einfachen Stuckverzierungen auf. Bemerkenswert sind die Schmiedeeisengitter der Gangtüren und die kassettierten Türfüllungen aus dem 18. Jahrhundert. Das frühbarocke Portal der Kapelle stammt von 1672, ihre flache Stuckdecke wohl ebenfalls aus dieser Zeit. Das auf Leinwand gemalte Deckenbild zeigt Maria mit dem Kind und die Hl. Theresia. Das Altarbild vom Ende des 17. Jahrhunderts ist der Himmelfahrt Christi gewidmet.
Lage: Niederösterreich/Wiener Becken – ca. 2 km südwestlich von Schwechat
Besichtigung: nur von außen möglich, nach tel. Voranmeldung kann der Turm im Rahmen einer Führung bestiegen werden
Weitere Literatur:
22.03.2008