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Innsbruck - Palais Tannenberg-Enzenberg


Das Palais ist aus vier gotischen Bürgerhäusern hervorgegangen. 1688 besaß Hans Johann Paris von Wolfsthurn zwei davon. Er ließ sie von Johann Martin Gumpp unter der heutigen Hausnummer Universitätsstraße 22 zusammenfassen und in ein Stadtpalais umwandeln. 1719 gehörte dieses dem Reichsfreiherrn Joseph von Rottenbuch, der in diesem Jahr auch das im Osten anschließende Gebäude erwarb. Er kann die Liegenschaften aber nicht lange besessen haben, denn kurz danach wird als Eigentümer bereits Josef Tannauer Freiherr von Tannenberg genannt. 1744 befanden sich alle vier Häuser im Besitz der Familie Tannenberg. Nun wurden auch die neu erworbenen Gebäude in das ehemalige Wolfsthurn-Palais integriert und diesem äußerlich angeglichen. Sie haben aber auch heute noch eine eigene Hausnummer (Universitätsstraße 24). Graf Ignaz d. Ä. von Tannenberg war vermutlich der Auftraggeber für die künstlerische Ausschmückung des großen Saales. Das Palais blieb bis 1846 im Eigentum der Familie Tannenberg. Ottilie Comtesse Tannenberg heiratete Franz III Graf Enzenberg. Sie erbte 1846 die Anteile ihrer Brüder Alois und Rudolf, mit denen die Familie Tannenberg im Mannesstamm ausstarb. Dadurch gelangte neben dem Schloss Tratzberg auch das Innsbrucker Stadtpalais in den Besitz der Grafen Enzenberg, bei der es bis 1968 verblieb. In den Jahren 1858/59 kam es zu umfangreichen Renovierungs- und Umbauarbeiten, die sich vor allem auf das Innere erstreckten. Auf die Grafen Enzenberg folgten ausschließlich bürgerliche Eigentümer. Das Gebäude wurde 1944 durch Fliegerbomben schwer beschädigt, wurde aber in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt. Es ist heute in Wohnungen und Büros aufgeteilt.

Die beiden Häuser Nr. 22 und Nr. 24 haben zwar jeweils drei Hauptgeschosse sowie ein im 19. Jahrhundert ausgebautes Attikageschoß, auch die Geschoßhöhen stimmen überein, doch ist ihre Fassadierung und ihr Grundriss unterschiedlich. Das Palais weist an der Universitätsstraße einen leicht gebogenen Frontverlauf auf. Das Erdgeschoß beider Häuser ist genutet und wird durch ein Gesims von den Obergeschossen deutlich getrennt. Das Haus Nr. 22 ist zehnachsig, wobei in der dritten und achten Achse von Konsolen gestützte, zweigeschossige Breiterker vorspringen. An den Erkerdächern ragen kupferne Wasserspeier in Form von Drachenköpfen vor. Das breite Rundbogenportal dominiert die Straßenfront. Es nimmt die Breite der beiden mittleren Fensterachsen ein. Zwei ionische Säulen stützen das Gesims, das hier wie eine Deckplatte wirkt. Die Säulenschäfte werden durch breite bossierte Streifen gegliedert. Genauso ist der dicke Rundstab ausgeführt, der das Tor umschließt. Die nahezu quadratischen Erdgeschoßfenster sind mit Rustikarahmen versehen, die das Motiv der Torsäulen weiter verwenden. Die Fenster der beiden Obergeschosse sind mit teils geraden und teils geschwungenen Verdachungen versehen. Das Haus Nr. 24 weist sieben Fensterachsen auf, wobei die beiden linken etwas zurückspringen. Seine Fassade ist dem größeren Haus Nr. 22 angepasst, aber etwas einfacher gehalten. Auch das rundbogige Nagelfluhportal ist nicht so aufwändig gestaltet. An den Hoffassaden haben sich hübsche Gußeisenveranden aus dem 19. Jahrhundert erhalten. Hinter dem Palais lag ein relativ großer Park.

Im Haus Nr. 22 liegt rechts vom breiten durchgehenden Flur ein repräsentatives barockes Treppenhaus. Es wurde jedoch 1858/59 umgestaltet, so dass sich vom alten Skulpturenbestand nur die beiden hölzernen Atlanten am Eingang des Stiegenhauses sowie die Holzfigur des Herkules im ersten Obergeschoß erhalten haben. Sie wurden vom Bildhauer Ingenuin Lechleitner um 1720 geschaffen. Auf den Treppenabsätzen stehen in Nischen vier barocke Götterstatuen (Juno, Flora, Jupiter, Neptun). Sie befanden sich ursprünglich im Palais Enzenberg in Schwaz und kamen erst später hierher. Die übrige dekorative Ausschmückung des Treppenhauses stammt aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert, passt sich aber dem barocken Grundcharakter an. Bemerkenswert ist der lange schmale Saal im zweiten Stock. Er nimmt die gesamte Tiefe des Gebäudes ein. Seine reiche Rokoko-Bemalung aus den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts war bis 1905 hinter Tapeten versteckt. Sie wurde dann freigelegt und von Rafael Thaler teilweise ergänzt. Besonders reichhaltig ist der Deckenstuck. Die Fresken im Mittelteil (Göttliche Vorsehung) und in den Ecken (die vier Elemente) wurden von Christoph Anton Mayr aus Schwaz um 1740 geschaffen. An den Wänden erkennt man u. a. Allegorien der damals bekannten vier Weltteile. Die Putti in den Sopraporten stellen die vier Jahreszeiten dar. Die Wandmalereien stammen wohl auch von Christoph Anton Mayr. Ein weiteres Zimmer im zweiten Obergeschoß ist mit Deckenstuck aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts und mit Fresken von Rafael Thaler vom Beginn des 20. Jahrhunderts ausgestattet. Im westlichen Teil des Hauses Nr. 24 befindet sich im Erdgeschoß eine durchgehende, zweischiffige, kreuzgewölbte Halle. Ihr Gewölbe ruht auf neuzeitlich verkleideten Pfeilern.

Ort/Adresse: 6010 Innsbruck, Universitätsstraße 22/24

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


13.03.2008