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Zistersdorf


Zistersdorf wird 1160 erstmals urkundlich erwähnt. Damals belehnten die Hochfreien von Pernegg die Kuenringer mit der Siedlung. Diese behielten das Lehen auch unter den Babenbergern, die sich nach dem Aussterben der Pernegger um 1219 die Lehenshoheit gesichert hatten. Die Kuenringer legten um diese Zeit eine regelmäßig geplante Stadt an und umgaben sie mit einer Mauer. Die spitzwinkelige Südwestecke der ansonsten runden Stadtbefestigung wurde durch eine auf einer etwas höher liegenden Geländeterrasse neu erbaute Stadtburg gesichert. Diese wurde an ein Rittergeschlecht verliehen, das sich nach Zistersdorf nannte. 1250 wird ein Rumhart von Zistersdorf und 1290 ein Otto von Zistersdorf genannt. Die Herren von Zistersdorf sind bis 1493 nachweisbar. Nach dem Aussterben der Kuenringer (1355) gelangten Stadt und Burg als landesfürstliches Lehen an Hans von Puchheim. Die nächsten Besitzer waren Heinrich von Rauhenstein (1369), Heinrich von Liechtenstein (1390) und bald danach die Herren von Pottendorf, denen Zistersdorf bis zum Ende des 15. Jahrhunderts gehörte. Sie hatten jedoch mit ihrer Herrschaft wenig Freude, da diese im 15. Jh. immer wieder unter Fehden und Einfällen aus Böhmen und Ungarn zu leiden hatte. So plünderte 1402 der mährische Söldnerführer Dürnteufel aus Dürnholz Zistersdorf. 1427/28 wurde es von den Hussiten verheert. Kaspar von Jedenspeigen beschränkte sich 1440 auf eine Plünderung der Vorstadt. 1458 musste eine Belagerung durch Georg von Podebrad erfolglos abgebrochen werden. Schließlich fielen Stadt und Schloss nach einer neuerlichen Belagerung 1486 dem ungarischen König Matthias Corvinus in die Hände.

Erst mit der Rückeroberung durch König Maximilian I kamen wieder ruhigere Zeiten. Die Pottendorfer waren mittlerweile ausgestorben und Zistersdorf diente als kaiserliches Kammergut, das aber meist verpfändet wurde. Der Pfandherr Konrad von Pappenheim ließ im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts die bereits stark vernachlässigte Burg wiederherstellen. Da die folgenden Pfandinhaber Eustach Freiherr von Althan und Erasmus Freiherr von Landau militante Protestanten waren, wurde die Herrschaft 1620 konfisziert. Zwei Jahre später wurde sie dem kaiserlichen Heerführer Rudolf von Teuffenbach als freies Eigen übergeben. Er ließ die mittelalterliche Burg in ein wohnliches Schloss umbauen. Zu neuerlichen Verwüstungen kam es 1645 durch die Schweden und 1683 durch die Türken. Als 1706 Graf Simon Forgatsch das Schloss mit seinen Kuruzzen stürmte, wurden rund 400 Flüchtlinge, die hier Schutz gesucht hatten, ermordet. Die Überlebenden wurden nach Ungarn verschleppt. Zwischen 1650 und 1810 waren die Grafen Althan Schlossherren von Zistersdorf. Von 1810 bis 1927 wurde das Gut von der k. k. Maria Theresianischen Ritterakademie genutzt. Dann erwarb die Stadtgemeinde Zistersdorf das Schloss. Es befindet sich seit 1960 im Besitz der Handelskammer für Niederösterreich und dient als Landesberufsschule und Internat für Sanitär- und Heizungsinstallateure. Im langgestreckten Meierhof sind das Stadtmuseum sowie verschiedene Vereine untergebracht.

Das ausgedehnte Gebäude ist durch einen breiten, mit Ziegeln ausgemauerten Graben von der Stadt getrennt. Die Süd- und die Westseite waren Teil der Stadtbefestigung und durch einen Wall geschützt. Von der alten Stadtburg der Kuenringer ist heute nichts mehr zu sehen. Teuffenbach ließ den Außenmauern im Süden, Westen und Osten neue Trakte vorsetzen, wodurch die Grundfläche des Schlosses von 44 x 50 auf 55 x 58 m erweitert wurde. Lediglich der Nordflügel wurde von Zubauten verschont, wodurch er heute die geringste Tiefe aufweist. An den beiden Ecken des Westflügels wurden barocke Bastionen errichtet. Vom Schlossplatz führt eine moderne Brücke über den Graben zum klassizistischen Haupttor im Nordflügel. Es ist eineinhalbgeschossig. Über ihm ist eine große Wappenkartusche angebracht. Sie zeigt den österreichischen Bindenschild unter der Kaiserkrone und wird von verschiedenen Kriegstrophäen flankiert. Die darunter befindliche Inschrift stammt wie das Wappen aus dem Jahr 1810 und verweist auf die Theresianische Akademie sowie auf Kaiser Franz I (II) und den Bauherrn Rudolf Freiherr von Teuffenbach. Durch die gewölbte Einfahrt gelangt man in den geräumigen Innenhof. Drei der vier ihn umgebenden Trakte sind zweigeschossig. Ihr drittes Geschoß wurde beim Umbau für die Theresianische Akademie abgetragen. Dem fiel auch die ehemalige Schlosskapelle zum Opfer. Lediglich der Saalbau im Südosten ist viergeschossig. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in ihm ein Festsaal eingebaut. In ihm hat sich eine Stuckdecke erhalten. Die um die Mitte des 18. Jahrhunderts den beiden Längsseiten im Erdgeschoß vorgelegten Hofarkaden wurden später vermauert. Das gepflegte Gebäude wirkt heute ziemlich schmucklos, wofür wohl in erster Linie die Umbauten für Schulzwecke verantwortlich sind. Der ehemalige Palastrakt im Süden weist noch mittelalterliche Bausubstanz aus dem 13./14. Jahrhundert, darunter zwei spätgotische Schlitzfenster, auf. Er hatte ursprünglich zwei Türme. Jener im Südwesten wurde 1568 wegen Baufälligkeit abgetragen, jener im Südosten umgebaut. Ihm ist ein vorspringender Gebäudeteil vorgebaut, der offenbar aus einer ehemaligen Bastion entstanden ist. Angeblich gab es auch an der Nordwestecke einen runden Turm, doch kann dieser nicht mehr lokalisiert werden.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 16 km östlich von Mistelbach

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


30.01.2008